Im Februar 2025 erstattete der Autozulieferer ZF Friedrichshafen Strafanzeige gegen Unbekannt aus dem eigenen Mitarbeiterkreis wegen des Verdachts auf Verrat von Geschäftsgeheimnissen nach §23 Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG). Anlass waren durchgestochene Medienberichte über interne Pläne zur möglichen Ausgliederung der Division Antriebstechnologie mit rund 30.000 Mitarbeitern und 10 Mrd. Euro Umsatz, die massive Umwälzungen und Stellenabbau vorhersahen. Wie ist der Fall ZF Friedrichshafen ausgegangen und wie ist die Rechtslage generell?
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ZF Friedrichshafen übergab der Staatsanwaltschaft umfangreiche Listen zugriffsberechtigter Mitarbeiter. Allerdings ergaben die Ermittlungen nach dem Abgleich mit E-Mail-Kontakten keine Hinweise auf strafbares Verhalten. Das Verfahren wurde daher im Juni eingestellt, weil der für §23 GeschGehG notwendige Vorsatz („zur Förderung fremden Wettbewerbs oder aus Eigennutz“) bei Informanten nicht erkennbar war. Zudem bleibt juristisch fraglich, ob die weitergegebenen Informationen tatsächliche Geschäftsgeheimnisse darstellten – Schutzmaßnahmen müssen ausreichend dokumentiert sein. Der Vorgang gilt als Signal an die Belegschaft, konkrete arbeitsrechtliche Konsequenzen wurden bislang nicht bekannt
Gefahren für Unternehmen
Der Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen durch Mitarbeiter zählt zu den gravierendsten Risiken für Unternehmen. Die potenziellen Gefahren umfassen:
- Verlust von Wettbewerbsvorteilen, etwa durch Veröffentlichung von Produktinnovationen, technischen Zeichnungen, Preiskalkulationen oder Expansionsstrategien.
- Finanzieller Schaden, z.B. durch Abwanderung von Kunden, Nachteil bei Vergabeverfahren oder Nachahmung durch Wettbewerber.
- Imageschäden, Vertrauensverlust beim Markt und möglichen Geschäftspartnern.
- In einigen Fällen sogar Existenzbedrohung für das Unternehmen, insbesondere im technologieintensiven oder forschungsgetriebenen Mittelstand.
Rechtslage in Deutschland
Geheimnisverrat ist in Deutschland sowohl straf- wie zivilrechtlich sanktioniert:
- Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (§ 17 UWG, nun teils vom Geschäftsgeheimnisgesetz – GeschGehG – abgelöst) kann der Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden, sofern er zu Wettbewerbszwecken, aus Eigennutz oder mit Schädigungsabsicht erfolgt.
- Nach § 23 GeschGehG macht sich strafbar, wer Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse unbefugt weitergibt, verschafft oder nutzt. Dies gilt auch ohne explizite Geheimhaltungsklausel im Arbeitsvertrag, sofern die Handlung eigennützig, zu Wettbewerbszwecken, zum Vorteil Dritter oder zum Schaden des Unternehmens begangen wird.
- Arbeitsrechtlich kann ein Geheimnisverrat eine fristlose Kündigung und Schadensersatzforderungen nach sich ziehen. Besteht nachweisbar Vorsatz und entsteht dem Unternehmen ein nachweislicher Schaden, haftet der Mitarbeiter zivilrechtlich auf Schadenersatz.
Schutzmaßnahmen
Unternehmen müssen nach GeschGehG und aktueller Rechtsprechung „angemessene Schutzmaßnahmen“ für ihre Geheimnisse ergreifen. Das können z. B. vertragliche Vereinbarungen, organisatorische und technische Maßnahmen sowie eine Dokumentation und Sensibilisierung sein. Sie sind zwingende Voraussetzung, um im Streitfall tatsächlich Rechtsschutz zu erhalten. Fehlen solche Maßnahmen oder sind sie nicht dokumentiert, kann ein Unternehmen seine Ansprüche schwer durchsetzen.
Unternehmer sollten daher einen mehrstufigen Geheimnisschutz implementieren, regelmäßig überprüfen und Mitarbeiter für das Thema sensibilisieren. Sowohl präventive Maßnahmen als auch konsequentes Handeln im Verdachtsfall sind essenziell für den Erhalt und die Verteidigung unternehmenskritischer Informationen.



